Für Shakespeare-Freunde nimmt ein lange gehegter Traum langsam konkrete Formen an. Im Juni soll ein internationaler Architektenwettbewerb zum Wiederaufbau des ersten Skakespeare-Theaters auf dem Kontinent beginnen. Das Original war um 1610 in der Hafenstadt Danzig nach Londoner Vorbild errichtet worden und gilt als erstes öffentliche Theater überhaupt auf dem Gebiet des heutigen Polens. Der Neubau soll bis 2009 an dem historischen Platz am Rande der Danziger Rechtstadt entstehen. Bereits seit 1990 bemüht sich die „Fundacja Theatrum Gedanese" um den Wiederaufbau des legendären Elisabethianschen Theaters im heutigen Gdansk. Im Laufe der Zeit gewann die Gruppe prominente Fürsprecher aus Polen und anderen Ländern. Patron der Stiftung ist der britische Thronfolger Prinz Charles, den Vorsitz der Sponsorengemeinschaft hat die Präsidentengattin Jolanta Kwasniewska inne. Der Schriftsteller Günter Grass gehörte zu den ersten, die den Plan zur Errichtung des Theaters in seiner Geburtsstadt Danzig unterstützten. In Washington beteiligte sich die First Lady Laura Bush im vergangenen Jahr an einem großen Galadinner zugunsten des Theaterbaus. Die Stiftung selbst wird von dem Danziger Literaturprofessor Jerzy Limon geleitet.
Im London erlebte das Theater zum Ende des 16. Jahrhunderts eine Hochphase, und weil der Markt für die vielen Schauspieler zu klein wurde, suchten diese nach Alternativen. So kamen die ersten Schauspielergruppen ab 1600 auch jeden Sommer nach Danzig, das damals zu den reichsten Städten Europas gehörte. Um 1610 wurde in Danzig das erste feste Theater errichtet, das sich am Londoner Fortune-Theater orientierte. 200 Jahre lang blieb es das einzige öffentliche Theater in der Hansestadt. Nach dem Bau eines neuen Stadttheaters wurde der alte Holzbau abgerissen.
Der Wiederaufbau soll äußerlich dem ursprünglichen Theater mit seinem quadratischen Grundriss nahe kommen, anderseits aber ein modernes Innenleben enthalten und multifunktional auch als Konferenzzentrum genutzt werden. Das Grundstück für das Theater an der Straße Podwale Przedmiejskie wurde bereits vor einigen Jahren gesichert, die archäologischen Arbeiten wurden im vorigen Jahr beendet. Bis Ende 2004 soll der internationale Architektenwettbewerb abgeschlossen werden. Bis dahin will man auch 25 Prozent der geplanten Baukosten – vor allem aus öffentlichen Mitteln – zusammen bekommen. Für die übrigen drei Vierten der Kosten hofft man auf Mittel aus Brüssel.
Während sich die Stiftung einerseits um den Wiederaufbau des Theaters bemüht, belebte sie andererseits auch die Shakespeare-Tradition in Gdansk neu, die mit den ersten Auftritten englischer Schauspieler um 1600 begann. Aus den Shakespeare-Tagen, die erstmals 1993 in der Hansestadt veranstaltet wurden, entwickelte sich das Shakespeare-Festival, das jährlich Anfang August in der gesamten Dreistadt veranstaltet wird und mittlerweile zu den bedeutendsten Theaterereignissen Polens gehört. Die achte Auflage des Festivals findet vom 31. Juli bis 8. August statt, unter anderem mit zwei Aufführungen des Mühlheimer Theaters an der Ruhr unter der Regie von Roberto Ciulli.
Neben Gruppen aus England und Polen werden in diesem Jahr auch Schauspieler und Regisseure aus den baltischen Staaten, Russland, Rumänien, den USA und Japan erwartet. Abschluss und gleichzeitig Höhepunkt des diesjährigen Festivals soll die Inszenierung von Romeo und Julia durch den für seine experimentellen Arbeiten berühmten litauischen Regisseur Oskarus Korsunovas sein. Aufführungen sind nicht nur in Theatern von Gdansk, Sopot und Gdynia vorgesehen, sondern auch auf dem Gelände der Danziger Werft. Programm des Festivals und Ticket-Reservierungen:
www.shakespeare-theater.gda.pl
Quelle: pva